12. März 2017

Es gibt Leiden, das durch überhöhte Erwartungen entstehen, dass die eigene Ehe vollkommen sei; dass der Partner einen vollkommen erfülle; dass der Beruf einen völlig ausfülle, dass uns die Erziehung der Kinder vollkommen gelingt.
So ist das Leben nicht. Die meisten Ehen gelingen, und das ist viel. Meistens ist man nur ein halber guter Vater, eine halbe gute Lehrerin, eine halber glücklicher Mensch, und das ist viel.
Gegen den Totalitätsterror möchte ich die gelungene Halbheit loben. Die Süße und die Schönheit des Lebens liegen nicht am Ende, im vollkommenen Gelingen und in der Ganzheit. Das Leben ist endlich, nicht nur in dem Sinn, dass wir sterben müssen. Die Endlichkeit liegt im Leben selber, im begrenzten Glück, im begrenzten Gelingen, in der begrenzten Ausgefülltheit. Hier ist uns nicht versprochen, alles zu sein.

von Fulbert Stefensky (ausgesucht von Birgit Wege)